Mittwoch 14. Juni 2000, 19.30 Uhr

Wer waren die Situationisten wirklich?

Einführung in Geschichte und Theoriebildung der Situationistischen Internationale (1958 - 1972). Referent: Peter Christoph

Seit Marx, Bakunin un der Ersten Internationale ist kaum eine historische Theorie/Praxis - Initiative dermaßen beschwiegen, entstellt, halbiert, retuschiert, stilisiert und auch totgelobt worden, wie diese moderne kommunistische »Theoretiker- und Experimentatorengruppe«. Von den Marxisten wurde sie völlig ignoriert, von den Anarchisten wie selbstverständlich beschlagnahmt, vom bürgerlichen Kulturbetrieb hierzulande seit 1995 zu einem bizarren Fall von Spaßguerilla bzw. Künstleravantgarde umgefälscht. Wegretuschiert wird dabei vor allem ihr entscheidender Impuls für den ersten (und bisher auch letzten) proletarischen Revolutionsanlauf im Westen nach dem Zweiten Weltkrieg: die französische »Bewegung der Besetzungen« im Mai 1968, deren wirklicher Charakter heute ebenfalls verdunkelt ist. Wie die Situationisten diese Erhebung durch zehnjährige theoretisch-praktische Wühlarbeit in dieser Qualität vorbereiteten und auslösten, ist ebenso zu rekonstruieren, wie ihre umfassende theoretische Kritik an der überkommenden, herrschenden Bourgeois- und Staats-Partei-Ideologie der Marx-Ismen, am Anarchismus und Spontaneismus ebenso wie am »Situationismus« und »Prosituationismus« selbst. Als erster Stichwortgeberin wie Kritikerin des »Postmodernismus« der Sixties bleibt der Bezugspunkt der SI »jetzt erst recht« das moderne Proletariat und die Möglichkeit seines authentisch-kommunistischen Durchbruchs als praktisch/theoretische Suche nach der »Nordwestpassage der Revolution« aus der totalitären Gesellschaft der »spektakulären Warenproduktion« heraus.

 

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